XXXL – Iller-Lech trägt fair – Eine Aktion der Weltläden

 

Insgesamt über 90 Riesen-T-Shirts hängen ab Ende April in 17 schwäbischen Städten und Gemeinden an Lichtmasten, Fahnenstangen und in Schaufenstern. Auf den Etiketten sind Geschichten von Menschen abgedruckt, die sich so oder ähnlich täglich in der Kleiderproduktion abspielen: Sie erzählen von arbeitenden Kindern, von mit Pestiziden vergifteten Vätern und unterbezahlten Müttern. Die Weltläden zwischen Iller und Lech machen damit auf Missstände in der weltweiten Kleiderproduktion aufmerksam. Die Aktion beginnt vor dem 24. April, der weltweit als Fashion-Revolution-Day begangen wird. An diesem Tag jährt sich zum vierten Mal der Tag, an dem die Kleiderfabrik Rana Plaza in Bangladesch eingestürzt ist: Mehr als 1.100 Menschen starben damals, es ist das bisher größte Unglück in der Geschichte der weltweiten Kleiderproduktion.

 

„Labels erzählen nicht die ganze Geschichte!“, schreiben die Weltläden auf 90 Riesen-T-Shirts, die ab 21. April schwabenweit an viel begangenen Plätzen, Brücken und in Schaufenstern aushängen. So wollen die Weltläden auf die Missstände in der Kleiderproduktion hinweisen. Kurze Geschichten auf den Etiketten erzählen von Menschen, die bei der Kleiderproduktion - vor allem in Asien - ausgebeutet werden. Da heißt es zum Beispiel: „Ich heiße Behnly. Ich habe dieses T-Shirt genäht. Ich bin neun Jahre alt. Ich stehe jeden Morgen um 5 Uhr auf. Es ist dunkel, wenn ich in der Fabrik ankomme. Ich arbeite 13 Stunden. Es ist dunkel, wenn ich wieder nach Hause gehe. Ich verdiene weniger als 1 Euro am Tag.“

 

Am 24. April 2013 starben beim Unglück in der Textilfabrik von Rana Plaza in Bangladesch mehr als 1.100 Menschen, über 2.500 wurden schwer verletzt. Das Gemäuer hatte Risse aufgetan, deshalb verbot die Polizei am 23. April den Zutritt. Dennoch waren einen Tag später, als die sechsstöckige Halle zusammenbrach, mehr als 3.000 Textilarbeiter*innen im Gebäude. Sie arbeiteten für einen Durchschnittslohn von 28 Euro monatlich. Die Gebäudesicherheit in Bangladesch sei dennoch bis heute nicht gewährleistet. Der Komplex von Rana Plaza sei nur für zwei Stockwerke kollaudiert gewesen. Fabrikhallen werden bis heute nur unzureichend kontrolliert, weitere Unfälle seien vorprogrammiert.

 

Beim Nähen verlagert sich das Geschäft derzeit von China nach Bangladesch, obwohl China in absoluten Zahlen immer noch am meisten Kleidung produziert. In China steigen jedoch die Löhne, in Bangladesch entstehen immer mehr illegale Hallen. Der durchschnittliche Lohn einer Näherin in Bangladesch beträgt heute 50 Euro monatlich, mehr als zur Zeit des Unglücks von Rana Plaza. Und doch sind das nur 19 Prozent des Existenzlohnes des Landes: Er liegt bei 259 Euro. Weil die Löhne so niedrig und die Preise seitens der europäischen Importeure so gedrückt werden, kommen in der Textilproduktion vielfach Kinder zum Einsatz. Trotz eines Arbeitstages von zwölf bis vierzehn Stunden erhalten die Näher*innen nur einen Bruchteil des europäischen Verkaufspreises: Nicht einmal ein Prozent bleibt ihnen. Arbeiten die Menschen zu langsam, wird ihnen von einem Tag auf den anderen gekündigt. Der Lieferdruck ist enorm: Wer nicht rechtzeitig liefert, verliert den Auftrag. Das kann schnell den Ruin der Fabrik bedeuten. Also werden die Arbeiter*innen angehalten weiterzuarbeiten: häufig ohne Lohn.

 

Doch nicht nur beim Nähen, dem letzten Schritt in der Kleiderproduktion, läuft vieles schief: Bereits beim Baumwollanbau, der weltweit insgesamt der Fläche Italiens entspricht, können Arbeiter*innen von ihrem Gehalt kaum leben. In der Baumwollproduktion werden ein Viertel der weltweit gehandelten Insektizide und elf Prozent der Pestizide eingesetzt, mehr als für jede andere Pflanze der Welt. Der weltweite Anbau von Baumwolle verbraucht gleich viel Wasser wie alle Privathaushalte der Erde zusammen.

 

Auch die Farben der Stoffe verlangen ihr Tribut: Gefärbt wird in Ländern, wo Gesundheits- und Umweltauflagen niedrig sind, zum Beispiel in China und Tunesien. Zwei Drittel der chinesischen Flüsse und Seen sind verschmutzt. Giftstoffe aus Fabriken werden oft ungeklärt abgeleitet und sind später in Trinkwasser und Essen zu finden. Diese Schadstoffe seien bei Tier und Mensch immer häufiger nachweisbar. Millionen Menschen beziehen ihr Trinkwasser aus den so verschmutzten Flüssen, fischen daraus und nutzen es für die Landwirtschaft. Die chemischen Substanzen in den Farbmischungen provozieren Krebs und bringen das menschliche Hormonsystem durcheinander.

 

Die Iller-Lech Weltläden weisen auf Alternativen hin, die immer stärkere Beachtung finden. Die Weltladen Mitarbeiter*innen haben sich in der Region erkundigt: Es gibt eine Reihe von Secondhandläden, Läden mit fair gehandelter Mode und Kleidungsstücke, die aus lokalen Kreisläufen stammen. Geschäfte, die bereits faire Kleidungsprodukte führen, finden interessierte Konsumenten auf www.iller-lech-traegt-fair.de.